Geschichte des Extertals
Durch das "Gesetz zur Neugliederung des Landkreises Lemgo" vom 5. November 1968 wurden mit Wirkung vom 1. Januar 1969 die bisher selbständigen Gemeinden Almena, Asmissen, Flecken Bösingfeld, Bremke, Göstrup, Kükenbruch, Laßbruch, Meierberg, Nalhof, Rott, Schönhagen und Silixen zu der neuen Gemeinde Extertal zusammengeschlossen. Dies geschah im Rahmen einer das gesamte damalige Bundesgebiet erfassenden Kommunalreform. Die Entfaltung des modernen Lebens seit 1945 ließ die Kommunen zu großen Dienstleistungsunternehmen werden. Die Ansprüche an die Verwaltung stiegen. Bis 1968 aber hatte, außer in Bösingfeld, in allen Gemeinden des Extertals ein fachlich nicht ausgebildeter Bürgermeister sämtliche kommunalen Aufgaben, vielfach sogar nebenberuflich, wahrnehmen müssen. Die Bildung der Großgemeinde, durch die uralte Formen ländlicher Selbstverwaltung mit stark entwickeltem Ortsbewußtsein ihr Ende fanden, war also unumgänglich. Es wurden dabei Dörfer zusammengefaßt, die vom 13. Jahrhundert an in einer selbständigen politischen Einheit, der Grafschaft Sternberg, organisiert waren und naturräumlich zusammengehören.
Die Gemeinde ist nahezu identisch mit dem Einzugsgebiet der Exter und ihrer Zuflüsse. Im Norden öffnet es sich zum Rintelner Becken, während es nach Westen, Süden und Osten durch zusammenhängende Höhen klar abgegrenzt ist. Es ist Teil des Nordlippischen Keuperberglands, dessen Hügel von dem harten Rhät, einer Mischung aus Sandstein und Quarzit, bedeckt sind, und liegt unmittelbar am Rand der von den Gletschern der Eiszeit geformten Landschaft Norddeutschlands. Einmal drang das Eis in das nördliche Gebiet des Extertals ein, wo die Schmelzwasser im Alme- und Laßbachtal den für die spätere Landwirtschaft wichtigen Geschiebelehm und im Raum Silixen Sand und Kies ablagerten. Daneben brachten die Gletscher zahlreiche Gesteinstrümmer mit sich, die für das nördliche Extertal typischen Findlinge.
Als das Eis unsere Heimat endgültig verlassen hatte, stieg die jährliche Durchschnittstemperatur immer mehr an. So entstand bis 6000 v.Chr. in ganz Mitteleuropa ein zusammenhängender Urwald, in dem überall die Menschen des Mesolithikums, der mittleren Steinzeit, in kleinen Stammesgruppen als Jäger und Sammler lebten. Aus dieser Zeit stammen die ersten Spuren menschlicher Besiedlung im Extertal: Feuersteinfunde aus Rott, Almena und Bremke. Bei uns kann nur eine Gruppe von ca. 20 Menschen gelebt haben, weil sie für ihre Ernährung riesige Waldflächen benötigte.
Eine große Zahl von Menschen konnte im Extertal erst leben, als durch Ackerbau und Viehzucht eine gänzlich neue Nahrungsgrundlage geschaffen wurde. Von 4500 v. Chr. an drangen Bauernvölker in unsere Heimat ein. Es handelte sich um Menschen des Neolithikums, der Jungsteinzeit. Eine Reihe von Bodenfunden zeigt, daß sie auch im Extertal ansässig waren.
Es sind allerdings weitaus weniger als in anderen Gebieten Deutschlands. Mit den primitiven Holzgeräten jener Zeit konnten die Menschen der Jungsteinzeit die harten Rhätkuppen unserer Berge nicht bebauen, sondern waren auf die leicht ansteigenden Flächen im Anschwemmland der Bachtäler angewiesen. Das gesamte Bergland blieb Urwald, der die etwa 10 "Rodungsinseln" mit je etwa 10 Einwohnern umgab. Die genaue Lage dieser "Urhöfe" läßt sich nicht mehr feststellen. Hinweise liefern uns die Hügelgräber, in denen etwa von 2000 v. Chr. an die Toten beigesetzt wurden. Im Gebiet der Gemeinde Extertal sind noch etwa 25 Gräber vorhanden. Sie liegen auf Anhöhen oberhalb der damals besiedelten Gebiete. Vierzehn befinden sich im Rintelnschen Hagen bei Rott und kennzeichnen die Rodungsinsel am Bremker Bach. Als gegen 1200 v. Chr. auch unsere Heimat von indogermanischen Völkern erobert wurde, deren Religion die Totenverbrennung erforderte, wurde die Errichtung von Hügelgräbern aufgegeben. So wissen wir über die Besiedlungsgeschichte des Extertals bis zu 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts nach Christus nichts. Etwa um 500 dürfte unsere Heimat unter die Herrschaft des Stammes der Sachsen geraten sein. Die Sprache dieses Volkes ist die Wurzel des bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts bei uns als Umgangssprache üblichen "Platt". Ein Kennzeichen der Sachsen war die strikte Scheidung zwischen einer herrschenden Adelsschicht, die wahrscheinlich aus den Nachkommen der Eroberer bestand, und der unterworfenen Bevölkerung. Diese Trennung blieb auch bestehen, als Karl der Große zwischen 772 und 804 in vielen Feldzügen die Sachsen unterwarf und so ihre Eingliederung in die christlich – abendländische Kultur erreichte.
Sitz eines edelfreien Geschlechts war die Uffoburg auf dem Hagenberg bei Bremke. Von ihr sind allerdings nur Wall und Graben, keine Gebäude, erhalten. Sie umfaßt ein in Haupt- und Vorburg gegliedertes Gelände von 2,4 Hektar. Bewohnt war sie nur von der Mitte des 9. Jahrhunderts bis ca. 920. Wir kennen weder den Grund für ihre Zerstörung noch die Namen ihrer Besitzer. Auf jeden Fall herrschte hier eine Adelsfamilie über eine ihnen hörige, zu Diensten und Abgaben verpflichtete Bevölkerung. Der Name "Uffo" stammt erst aus dem 15. Jahrhundert und ist wohl nicht historisch.
Die primitiven landwirtschaftlichen Methoden waren bis ins 12. Jahrhundert beibehalten worden. Das Extertal glich einem "Waldmantel mit Lichtungen". Erst die landwirtschaftlich-technische Revolution des Hochmittelalters beendete diese Stagnation. Damals verbreiteten sich in kurzer Zeit der eiserne Räderpflug, die Dreifelderwirtschaft und die Wassermühle. Überall wurden die Rhätkuppen in unserem Tal gerodet, der Wald bis auf einen noch heute bestehenden Restbestand entfernt. Die gesamte Kulturlandschaft stammt aus dieser Zeit, die meisten Althöfe sind damals entstanden. Vorherrschende Siedlungsform wurden Weiler mit wenigen Hofstellen, nur in Silixen, Almena und Laßbruch kam es zur Gründung echter Dörfer.
Träger der Agrarrevolution waren die Grundherren, Adel und Klöster. Gerade in dieser Zeit der Umwälzung war die Macht des Reiches immer mehr gesunken. Mächtige Geschlechter erlangten seit ca. 1150 in einem begrenzten Bereich die Hoheitsrechte, schufen die großen Höhenburgen und kultivierten ihren Besitz, der anfänglich nur ein "Machtbereich" war, aber schon bald ein Kleinstaat, ein "Territorium" wurde. Sitz des Geschlechts, das ursprünglich die Herrschaft im Extertal ausübte, war die Burg Alt-Sternberg auf dem Mühlingsberg im Gebiet der heutigen Gemeinde Dörentrup. Sie wurde zu Beginn des 13. Jahrhunderts aufgegeben. Der Name der Adelsfamilie ist nicht bekannt. Ihre Erben wurden die damals mächtigen Grafen v. Schwalenberg. Durch die Erbteilung um 1240 fiel der Besitz an eine jüngere Linie, die sich "Grafen v. Sternberg" nannte. Sie schufen einen echten Kleinstaat im Bereich der heutigen Großgemeinden Barntrup, Dörentrup und Extertal (ohne Silixen). Ihr Wappen, der Stern, wird noch heute von der Gemeinde Extertal geführt. Als Mittelpunkt ihrer Herrschaft errichteten sie um 1240 die Burg Sternberg in 379,6 m Höhe. Sie ist ein im Osten abgerundetes Rechteck von 30:60 m und in Haupt- und Vorburg gegliedert, die durch eine Quermauer getrennt sind. Die von einem tiefen, aus dem Felsgestein ausgehauenen Graben umschlossene Ringmauer stammt noch aus dem Mittelalter, während die heute bestehenden Gebäude dem 15. und 16. Jahrhundert angehören.
Zum Landesausbau gehörte damals die Gründung von Städten. Parallel zur Agrarrevolution schufen die Landesherren im 13. und 14. Jahrhundert eine Fülle von Städten in rein ländlichen Bereichen. Dies hatte ein bisher nicht dagewesenes Aufblühen von Handel und Handwerk zur Folge. Erste Stadtgründung der Grafen von Sternberg kurz vor 1252 war Bösingfeld. Der Ort entstand, wie viele neue Städte, auf bisher unbebautem Gelände nach dem damals üblichen Dreistraßen-Schema. Er wurde allerdings nicht ummauert, sondern durch ein Dorndickicht, den Hagen, bewehrt. Als Stadtresidenz der Grafen diente eine "Burg", die aber 1424 zerstört wurde und deren Lage unbekannt ist. Bösingfeld bekam eine bürgerliche Selbstverwaltung mit Bürgermeister und Rat, konnte sich aber nicht recht entfalten, weil die Grafen auf ihrem kleinen Territorium noch zwei weitere Stadtgründungen (Alverdissen und Barntrup) betrieben hatten. Zwischen 1437 und 1442 wurde Bösingfeld zum "Flecken" herabgestuft, zu einem Marktort mit beschränkter Selbstverwaltung.
Die Agrarrevolution hatte einen starken Anstieg der Bevölkerungszahl zur Folge. So gründeten die Grafen zwei Pfarrkirchen. Die in Bösingfeld entstand zur Zeit der Stadterhebung um 1252. Von ihrer mittelalterlichen Bausubstanz ist nichts mehr erhalten. Das jetzige Schiff geht auf Baumaßnahmen von 1708 und 1857 zurück, der Turm wurde 1934 erbaut, nachdem sein mittelalterlicher Vorgänger wegen Baufälligkeit niedergelegt worden war. Der Gründungsbau der Almenaer Kirche aus dem 13. Jahrhundert, eine romanische Gewölbehalle, wurde 1865/66 durch eine neugotische Stufenhalle mit Lehmgewölben ersetzt. Der alte quadratische Westturm blieb aber erhalten. In Silixen, das damals dem Damenstift Möllenbeck unterstand, kam es vor 1267 zur Kirchengründung. Hier ist der ursprüngliche querrechteckige Westturm noch erhalten, während das romanische Schiff 1803 durch das jetzige Gebäude ersetzt wurde, das bei einem Umbau 1954 einen Chorraum und ein Tonnengewölbe erhielt. Die beiden Kirchtürme sind neben dem Gut Ullenhausen die ältesten Bauwerke in der Gemeinde Extertal. Die Silixer Kirche besitzt den ältesten Sakralgegenstand in unserem Gebiet: ein um 1500 angefertigtes Weihwasserbecken.
Die staatliche Selbständigkeit der Grafschaft Sternberg endete bereits 1377. In diesem Jahr verkaufte Graf Heinrich V aus unbekannter Ursache sein Land mit allen Hoheitsrechten an seinen Schwager, Graf Otto I von Schaumburg. Dieser geriet aber schon bald in große Geldnöte. So wurde 1400/05 das gesamte neuerworbene Territorium für 600 Mark Silber und 5840 rheinische Gulden an den Edelherrn Simon III zur Lippe verpfändet. Das Extertal blieb also Bestandteil der Grafschaft Schaumburg, wurde jedoch bis zur Rückzahlung der Summe von Lippe verwaltet. Allerdings versuchte 1424 Graf Adolf IX von Schaumburg das verlorene Gebiet mit Gewalt zurückzugewinnen. In einer erbitterten Fehde wurde zwar das Extertal verwüstet und in Bösingfeld Kirche und Burg zerstört, doch gelang es dem Edelherrn Simon IV zur Lippe durch entsprechende Gegenmaßnahmen, die Grafschaft Sternberg zu behaupten. Im 16. Jahrhundert versuchte das Haus Schaumburg mehrfach, durch Rückzahlung der Pfandsumme das Gebiet einzulösen. Lippe konnte aber die Rückgabe immer wieder aufschieben, bis das Schaumburger Grafenhaus 1640 erlosch. Nun behauptete aber der Fürst-Bischof von Paderborn, Sternberg sei ein Lehen des Fürst-Bistums und beanspruchte die staatlichen Rechte. Allerdings hatte Lippe selbst 1733 das Amt Sternberg mit sämtlichen Hoheitsrechten an den König Georg II von Großbritannien, der zugleich Kurfürst von Hannover war, für 450.000 Reichstaler verpfändet. Die Schuldenpolitik des Grafen Simon Henrich Adolf machte diese Maßnahme notwendig, weil sonst der Staatsbankrott erfolgt wäre. Bis zur Wiedereinlösung 1781 wurde das Extertal von einem auf der Burg Sternberg residierenden "Königlich-Großbritannischen Amtmann" regiert. Es folgte ein Rechtsstreit mit Paderborn, der 1788 mit dem Sieg Lippes endete. Erst von diesem Jahr an war das Extertal rechtmäßiger Teil Lippes. Von diesen Streitigkeiten waren Almena und Silixen nicht betroffen. Almena galt seit 1411 als Bestandteil (Exklave) der Herrschaft Varenholz, die zwar 1323 von Lippe angekauft, jedoch 1411-1563 an die Ritter von Kallendorp bzw. De Wend verpfändet worden war. Silixen hatte nie zur Grafschaft Sternberg gehört, sondern stets unter der Hoheit von Varenholz gestanden. Allerdings gab es keine klare Grenzziehung. Schaumburg beanspruchte das gesamte Silixer Gebiet nördlich des Silixer Baches. Zwischen 1563 und 1669 tobte ein erbitterter Grenzstreit. Erst als 1647 Hessen-Kassel die Grafschaft Schaumburg in Besitz genommen hatte, wurde nach langwierigen Verhandlungen 1669 die Silixer Frage gelöst. Das Dorf kam ganz zu Lippe und an das Amt Varenholz, der größte Teil der Feldmark an Schaumburg. Diese Regelung führte zu einem zweiten Streit um Silixen, da die Frage der Besteuerung nicht geklärt worden war. Er wurde 1779 beigelegt. Die Grenze von 1669 hatte bis 1971 Bestand. In diesem Jahr wurde das Dorf durch einen Staatsvertrag zwischen Nordrhein-Westfalen und Niedersachen wieder mit seiner Feldmark vereinigt.
Im 15. Jahrhundert waren die Landesherren bestrebt, ihre Territorien zu zentral verwalteten Staaten auszubauen. War die Burg Sternberg bis 1492 an wechselnde Adelsfamilien ausgegeben worden, so wurde sie nun Sitz eines landesherrlichen Amtes. Ein vom Grafen ernannter Amtmann nahm alle Hoheitsrechte (Verwaltung, Steuerangelegenheiten und Justiz) wahr. Sein Sitz, die Burg Sternberg, wurde zentrale Instanz für alle Untertanen. Das Amt umfaßte das Gebiet der heutigen Großgemeinden Extertal (ohne Silixen und Almena) und Dörentrup. Wegen der Zuständigkeit des Amtes für praktisch alle Lebensbereiche sind die noch erhaltenen Akten (besonders die Gogerichtsakten und die Eheprotokolle) eine unerschöpfliche Quelle für die Geschichte des Extertals, für Ahnen- und Hausstellenforschung. In den einzelnen Dörfern wurde die Staatsgewalt durch eingesessene Bauerrichter vertreten. Aus ihren seit ca. 1600 erhaltenen Anzeigen (Gogerichtsakten) erfahren wir alle Einzelheiten über das Verhalten der Untertanen. Jeder sexuelle Fehltritt z.B. mußte dem Amt gemeldet werden. Diese Angaben sind auch für die heutigen Bewohner von Interesse. Seit ca. 1600 nämlich ist eine erstaunliche Kontinuität der Familien festzustellen. Praktisch alle einheimischen Personen, die 1940 im Extertal lebten, sind Nachkommen der Bevölkerung um 1600. Aus den Sternberger Akten ist auch ist zu erkennen, daß es zwischen 1600 und 1800 einen stetigen Anstieg der Bevölkerungszahl und viele Neugründungen von Kleinhausstellen gab, die allmählich die Dörfer anfüllten. Grundlage war die Einbeziehung des Extertals in die Hausindustrie der Leinenproduktion, für die die meisten Einwohner durch Flachsanbau, Spinnen und Weben tätig waren. 1590 lebten auf dem Gebiet der heutigen Gemeinde 2347 Menschen auf 214 Hausstellen. 1807 zählte man 4238 Einwohner auf 537 Kolonaten.
Bereits am Ende des 18. Jahrhunderts überstieg die Zahl der in der Heimindustrie und im Handwerk Beschäftigten die der in der Landwirtschaft Tätigen. In Silixen betrug das Verhältnis 4:1. Deshalb war die Bevölkerung des Extertals besonders schwer von der Vernichtung der Hausweberei in der Mitte des 19. Jahrhunderts betroffen, fehlte es doch gänzlich an sonstigen Erwerbsmöglichkeiten. Weit über 1000 Bewohner unseres Tales sind damals in die USA ausgewandert, bei einer Bevölkerungszahl, die zwischen 1807 und 1880 von 4238 auf 6553 angestiegen war. Noch heute sind viele Bürger der USA sehr daran interessiert, Kenntnisse über ihre Vorfahren im Extertal zu gewinnen.
Die wichtigste Lösung für unsere Einwohner bot sich aber durch das Gewerbe der Wanderziegler an. Die rasante Bautätigkeit in den industriellen Ballungsräumen führte zu einem riesigen Bedarf an Ziegeln. Für etwa 100 Jahre, zwischen 1840 und 1940, zog so der größte Teil der Extertaler zur "Kampagne" in die Großstädte, wo sie in ihren "Kommunen" durch sehr schwere Arbeit und ein sehr sparsames Leben für damalige Verhältnisse erhebliche Geldsummen erwarben.
Viele konnten davon im Extertal ein Eigenheim erbauen. Die Zahl der Hausstellen stieg in dieser Zeit stärker an als je zuvor. Zwischen 1840 und 1933 wurden z. B. in Silixen 66 neue Kolonate errichtet. In der gesamten Vergangenheit waren nur 64 gegründet worden. Der wachsende Wohlstand zeigte sich auch darin, daß etwa ab 1900 die bisher völlig vorherrschende Fachwerkbauweise durch den Massivbau abgelöst wurde. Zwar finden wir noch viele Fachwerkhäuser aus der Zeit zwischen 1700 und 1900, doch dominieren in den Dörfern die Ziegelhäuser in den charakteristischen Bauformen der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ein markantes Beispiel ist das 1896 errichtete "Alte Pfarrhaus" in Bösingfeld (seit 1968 im Besitz der politischen Gemeinde und heutiges Rathaus II).
Die in der Zeit nach dem 1. Weltkrieg sich häufenden Katastrophen der Wirtschaft führten zum Untergang des Gewerbes der Wanderziegler. Zeitweise war der größte Teil der Bevölkerung arbeitslos. Besonders machte sich die schlechte Verkehrslage bemerkbar. Hier bot der Bau der Extertalbahn, die 1927 fertiggestellt wurde, einen Ausweg. So wurden die Dörfer unserer Heimat an die Strecken Löhne-Hameln und Bielefeld-Lemgo-Hameln angeschlossen. Bis zur Ablösung des Personenverkehrs durch Busse 1966 bildeten die weißroten Triebwagen ein Charakteristikum des Extertals.
Dies kam besonders dem Fremdenverkehr zugute. Erst seit der Jahrhundertwende war der Urlaub auf dem Lande für weite Bevölkerungsschichten möglich geworden. Älteste Fremdenpension im Extertal war das "Christliche Erholungsheim" Wieneke in Almena. Das 1912 im historischen Stil errichtete Gebäude ist auch heute noch ortsbildprägend
Die verbesserten Verkehrsbedingungen ermöglichten es den Bewohnern unseres Tals seit den fünfziger Jahren, in den umliegenden Städten und Industriegebieten Arbeit zu finden. Als das Auto dann seinen Siegeszug antrat, konnten die Pendler ihre Arbeitsplätze praktisch im gesamten Gebiet Ostwestfalen/Weserbergland erreichen. Dies führte in sehr vielen Fällen zu einem erheblichen sozialen Aufstieg. Darüber hinaus wurde aber in den fünfziger Jahren durch gezielte Wirtschaftsförderungsmaßnahmen (Ostwestfalenplan) das Extertal selbst zum Industriestandort (Bösingfeld/Asmissen und Silixen).
Der Straßenbau und die Errichtung moderner Versorgungsunternehmen verringerten seit den sechziger Jahren den bis dahin krassen Unterschied von Stadt und Land. Wichtigste Maßnahmen waren der Ausbau der Extertalstraße, der Hauptverkehrsader, 1968/69, und der Umgehungsstraße in Bösingfeld 1986/87.
Als nach 1945 zahlreiche Heimatvertriebene ins Extertal kamen, fanden sie völlig unzulängliche Wohnverhältnisse vor. Die staatlichen Wohnungsbauförderungsprogramme ermöglichten aber eine Bautätigkeit, die die Zahl der Hausstellen innerhalb von 30 Jahren auf das Zweieinhalbfache ansteigen ließ. Erst jetzt war es möglich, Ackerland in Siedlungsland umzuwandeln. Die Bauwilligen waren jedoch nicht nur Heimatvertriebene, sondern stammten auch aus den umliegenden Städten und dem Ruhrgebiet, angezogen von den niedrigen Grundstückspreisen. Seitdem bilden die alteingesessenen Bewohner nur noch eine Minderheit. So stieg die Bevölkerungszahl zwischen 1939 und 1962 von 7606 auf 10408.
1945 wurde das Extertal weithin bekannt, weil der Oberbefehlshaber der Britischen Besatzungszone das Gut Rickbruch zu seiner Residenz wählte. Bis 1946 bekleidete Feldmarschall Sir Bernard Law Montgomery, der bedeutendste britische Heerführer des zweiten Weltkrieges, dieses Amt.
Kommunale Selbstverwaltung besaß im Extertal ursprünglich nur der Flecken Bösingfeld. Seit seiner Gründung wurde er von Bürgermeister und Rat verwaltet. 1926/28 konnte ein repräsentatives neues Rathaus errichtet werden, das seit 1969 der Gemeinde Extertal dient. Die übrigen Orte erhielten zwischen 1848 und 1919 allmählich die kommunalen Rechte. Erst 1937 wurden die Ortsvorsteher "Bürgermeister". Eigene Verwaltungsgebäude gab es aber nicht. Als in den achtziger Jahren die örtlichen Gaststätten aufgegeben wurden, verloren die Vereine häufig ihre Vereinslokale. So wurden durch intensive Eigenleistung der Bürger sechs Dorfgemeinschaftshäuser geschaffen, vier in ehemaligen Schulen, zwei als Neubauten.
Die ersten Schulen entstanden kurz vor 1600 in den drei Kirchorten. Das Mittelalter kannte keine Volksschulen. Erst zwischen 1670 und 1713 folgten die Schulen in Laßbruch, Bremke, Linderhofe und Meierberg. Alle waren Fachwerkhäuser, die zwischen 1889 und 1909 durch die noch bestehenden Massivbauten ersetzt wurden. Hinzu kamen Neugründungen in Rott (1889), Linderbruch (1895) und Göstrup (1957), sowie die Pestalozzi-Schule 1962 (Sonderschule, Gebäude 1970).
Die Bildungsreform der sechziger Jahre führte zu einer starken Konzentration im Schulwesen. Trotz starker Proteste der Bevölkerung wurden 1967/75 sieben Dorfschulen geschlossen. Seither gibt es nur noch die Hauptschule Bösingfeld (Gebäude 1974/75) und die Grundschulen in Bösingfeld (ehemalige Volksschule 1909/63) und Silixen (Gebäude 1962/68).
Die Entwicklung der modernen Technik führte um die Jahrhundertwende allgemein zu gesteigerten Bildungsanforderungen im Berufsleben. Deswegen wurden überall Realschulen errichtet. Nach einer langen Vorgeschichte (1901-1940) konnte 1952 ein Aufbauzug an der Volksschule Bösingfeld begründet werden, aus dem 1966 die Realschule hervorging (Gebäude 1967/70).
Seit der Reformation in Lippe 1538 war nahezu die gesamte Bevölkerung evangelisch. Erst durch die Vertreibung 1945 kamen zahlreiche katholische Christen, vor allem aus Schlesien, ins Extertal. Für sie wurde 1952 die Heilig-Geist Kirche in Bösingfeld erbaut. Dort finden wir auch die Gotteshäuser von drei kleinen Religionsgemeinschaften, der Freien Evangelischen Gemeinde (begr. 1933), der Neuapostolischen Kirche und der Zeugen Jehovas (beide begr. 1949).
Gut Ullenhausen:
Das ehemalige Rittergut Ullenhausen das älteste und neben der Burg Sternberg das bedeutendste Baudenkmal der Gemeinde Extertal. Gegründet wurde es um 1240 als Kloster, das im ersten Jahrhundert seines Bestehens zu einer gewissen Blüte gelangt sein muss, denn im Jahre 1300 sprechen die Grafen von Pyrmont sehr achtungsvoll von den Benediktinerinnen aus Ullenhausen. Dieses Ansehen mögen die Nonnen von Ullenhausen auch im 14. Jahrhundert noch genossen haben, denn es flossen ihnen weiterhin Spenden für Seelengedächtnisse zu.
Seit Anfang des 15. Jahrhunderts ging es mit Ullenhausen rapide bergab: der verschuldete Konvent bestand 1407 nur noch aus 5 Mitgliedern. Im Jahre 1420 war die Lage hoffnungslos; die Gebäude des einsam gelegenen Klosters waren teilweise zerstört und die Einkünfte blieben aus. Die Eversteinsche Fehde (1407/1408) und die beginnende Agrarkrise dürften Ursache dieses Niedergangs gewesen sein.
Wohl in den folgenden Jahrzehnten, als Lippe und Schaumburg heftig um den Besitz der alten Grafschaft Sternberg stritten, gaben die Benediktinerinnen ihr gemeinsames Leben in Ullenhausen endgültig auf und übertrugen ihren Grundbesitz den Augustiner-Eremiten in Herford. Um 1500 gab es in Ullenhausen keine Kirche mehr.
1557 wurde Ullenhausen als Rittergut des lippischen Landesherrn Simon V der Familie Werpup aus Alverdissen bis Anfang 1700 als Lehnsgut übertragen. 1704 bis 1798 besaß die Familie des königlichgroßbrittischen Hauptmann von Alten das, die es 1798 an die Familie Cordemann verkaufte. 1937 erwarb Heinrich Braband das Gut. Heute bewirtschaftet und erhält dessen Enkel Cord-Hennig Braband das Gut und das ganz im Sinne der fast 800-jährigen Baugeschichte und im Wissen um die bauhistorische Bedeutung der Gebäude.
Die Gemeinde ist nahezu identisch mit dem Einzugsgebiet der Exter und ihrer Zuflüsse. Im Norden öffnet es sich zum Rintelner Becken, während es nach Westen, Süden und Osten durch zusammenhängende Höhen klar abgegrenzt ist. Es ist Teil des Nordlippischen Keuperberglands, dessen Hügel von dem harten Rhät, einer Mischung aus Sandstein und Quarzit, bedeckt sind, und liegt unmittelbar am Rand der von den Gletschern der Eiszeit geformten Landschaft Norddeutschlands. Einmal drang das Eis in das nördliche Gebiet des Extertals ein, wo die Schmelzwasser im Alme- und Laßbachtal den für die spätere Landwirtschaft wichtigen Geschiebelehm und im Raum Silixen Sand und Kies ablagerten. Daneben brachten die Gletscher zahlreiche Gesteinstrümmer mit sich, die für das nördliche Extertal typischen Findlinge.
Als das Eis unsere Heimat endgültig verlassen hatte, stieg die jährliche Durchschnittstemperatur immer mehr an. So entstand bis 6000 v.Chr. in ganz Mitteleuropa ein zusammenhängender Urwald, in dem überall die Menschen des Mesolithikums, der mittleren Steinzeit, in kleinen Stammesgruppen als Jäger und Sammler lebten. Aus dieser Zeit stammen die ersten Spuren menschlicher Besiedlung im Extertal: Feuersteinfunde aus Rott, Almena und Bremke. Bei uns kann nur eine Gruppe von ca. 20 Menschen gelebt haben, weil sie für ihre Ernährung riesige Waldflächen benötigte.
Eine große Zahl von Menschen konnte im Extertal erst leben, als durch Ackerbau und Viehzucht eine gänzlich neue Nahrungsgrundlage geschaffen wurde. Von 4500 v. Chr. an drangen Bauernvölker in unsere Heimat ein. Es handelte sich um Menschen des Neolithikums, der Jungsteinzeit. Eine Reihe von Bodenfunden zeigt, daß sie auch im Extertal ansässig waren.
Es sind allerdings weitaus weniger als in anderen Gebieten Deutschlands. Mit den primitiven Holzgeräten jener Zeit konnten die Menschen der Jungsteinzeit die harten Rhätkuppen unserer Berge nicht bebauen, sondern waren auf die leicht ansteigenden Flächen im Anschwemmland der Bachtäler angewiesen. Das gesamte Bergland blieb Urwald, der die etwa 10 "Rodungsinseln" mit je etwa 10 Einwohnern umgab. Die genaue Lage dieser "Urhöfe" läßt sich nicht mehr feststellen. Hinweise liefern uns die Hügelgräber, in denen etwa von 2000 v. Chr. an die Toten beigesetzt wurden. Im Gebiet der Gemeinde Extertal sind noch etwa 25 Gräber vorhanden. Sie liegen auf Anhöhen oberhalb der damals besiedelten Gebiete. Vierzehn befinden sich im Rintelnschen Hagen bei Rott und kennzeichnen die Rodungsinsel am Bremker Bach. Als gegen 1200 v. Chr. auch unsere Heimat von indogermanischen Völkern erobert wurde, deren Religion die Totenverbrennung erforderte, wurde die Errichtung von Hügelgräbern aufgegeben. So wissen wir über die Besiedlungsgeschichte des Extertals bis zu 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts nach Christus nichts. Etwa um 500 dürfte unsere Heimat unter die Herrschaft des Stammes der Sachsen geraten sein. Die Sprache dieses Volkes ist die Wurzel des bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts bei uns als Umgangssprache üblichen "Platt". Ein Kennzeichen der Sachsen war die strikte Scheidung zwischen einer herrschenden Adelsschicht, die wahrscheinlich aus den Nachkommen der Eroberer bestand, und der unterworfenen Bevölkerung. Diese Trennung blieb auch bestehen, als Karl der Große zwischen 772 und 804 in vielen Feldzügen die Sachsen unterwarf und so ihre Eingliederung in die christlich – abendländische Kultur erreichte.
Sitz eines edelfreien Geschlechts war die Uffoburg auf dem Hagenberg bei Bremke. Von ihr sind allerdings nur Wall und Graben, keine Gebäude, erhalten. Sie umfaßt ein in Haupt- und Vorburg gegliedertes Gelände von 2,4 Hektar. Bewohnt war sie nur von der Mitte des 9. Jahrhunderts bis ca. 920. Wir kennen weder den Grund für ihre Zerstörung noch die Namen ihrer Besitzer. Auf jeden Fall herrschte hier eine Adelsfamilie über eine ihnen hörige, zu Diensten und Abgaben verpflichtete Bevölkerung. Der Name "Uffo" stammt erst aus dem 15. Jahrhundert und ist wohl nicht historisch.
Die primitiven landwirtschaftlichen Methoden waren bis ins 12. Jahrhundert beibehalten worden. Das Extertal glich einem "Waldmantel mit Lichtungen". Erst die landwirtschaftlich-technische Revolution des Hochmittelalters beendete diese Stagnation. Damals verbreiteten sich in kurzer Zeit der eiserne Räderpflug, die Dreifelderwirtschaft und die Wassermühle. Überall wurden die Rhätkuppen in unserem Tal gerodet, der Wald bis auf einen noch heute bestehenden Restbestand entfernt. Die gesamte Kulturlandschaft stammt aus dieser Zeit, die meisten Althöfe sind damals entstanden. Vorherrschende Siedlungsform wurden Weiler mit wenigen Hofstellen, nur in Silixen, Almena und Laßbruch kam es zur Gründung echter Dörfer.
Träger der Agrarrevolution waren die Grundherren, Adel und Klöster. Gerade in dieser Zeit der Umwälzung war die Macht des Reiches immer mehr gesunken. Mächtige Geschlechter erlangten seit ca. 1150 in einem begrenzten Bereich die Hoheitsrechte, schufen die großen Höhenburgen und kultivierten ihren Besitz, der anfänglich nur ein "Machtbereich" war, aber schon bald ein Kleinstaat, ein "Territorium" wurde. Sitz des Geschlechts, das ursprünglich die Herrschaft im Extertal ausübte, war die Burg Alt-Sternberg auf dem Mühlingsberg im Gebiet der heutigen Gemeinde Dörentrup. Sie wurde zu Beginn des 13. Jahrhunderts aufgegeben. Der Name der Adelsfamilie ist nicht bekannt. Ihre Erben wurden die damals mächtigen Grafen v. Schwalenberg. Durch die Erbteilung um 1240 fiel der Besitz an eine jüngere Linie, die sich "Grafen v. Sternberg" nannte. Sie schufen einen echten Kleinstaat im Bereich der heutigen Großgemeinden Barntrup, Dörentrup und Extertal (ohne Silixen). Ihr Wappen, der Stern, wird noch heute von der Gemeinde Extertal geführt. Als Mittelpunkt ihrer Herrschaft errichteten sie um 1240 die Burg Sternberg in 379,6 m Höhe. Sie ist ein im Osten abgerundetes Rechteck von 30:60 m und in Haupt- und Vorburg gegliedert, die durch eine Quermauer getrennt sind. Die von einem tiefen, aus dem Felsgestein ausgehauenen Graben umschlossene Ringmauer stammt noch aus dem Mittelalter, während die heute bestehenden Gebäude dem 15. und 16. Jahrhundert angehören.
Zum Landesausbau gehörte damals die Gründung von Städten. Parallel zur Agrarrevolution schufen die Landesherren im 13. und 14. Jahrhundert eine Fülle von Städten in rein ländlichen Bereichen. Dies hatte ein bisher nicht dagewesenes Aufblühen von Handel und Handwerk zur Folge. Erste Stadtgründung der Grafen von Sternberg kurz vor 1252 war Bösingfeld. Der Ort entstand, wie viele neue Städte, auf bisher unbebautem Gelände nach dem damals üblichen Dreistraßen-Schema. Er wurde allerdings nicht ummauert, sondern durch ein Dorndickicht, den Hagen, bewehrt. Als Stadtresidenz der Grafen diente eine "Burg", die aber 1424 zerstört wurde und deren Lage unbekannt ist. Bösingfeld bekam eine bürgerliche Selbstverwaltung mit Bürgermeister und Rat, konnte sich aber nicht recht entfalten, weil die Grafen auf ihrem kleinen Territorium noch zwei weitere Stadtgründungen (Alverdissen und Barntrup) betrieben hatten. Zwischen 1437 und 1442 wurde Bösingfeld zum "Flecken" herabgestuft, zu einem Marktort mit beschränkter Selbstverwaltung.
Die Agrarrevolution hatte einen starken Anstieg der Bevölkerungszahl zur Folge. So gründeten die Grafen zwei Pfarrkirchen. Die in Bösingfeld entstand zur Zeit der Stadterhebung um 1252. Von ihrer mittelalterlichen Bausubstanz ist nichts mehr erhalten. Das jetzige Schiff geht auf Baumaßnahmen von 1708 und 1857 zurück, der Turm wurde 1934 erbaut, nachdem sein mittelalterlicher Vorgänger wegen Baufälligkeit niedergelegt worden war. Der Gründungsbau der Almenaer Kirche aus dem 13. Jahrhundert, eine romanische Gewölbehalle, wurde 1865/66 durch eine neugotische Stufenhalle mit Lehmgewölben ersetzt. Der alte quadratische Westturm blieb aber erhalten. In Silixen, das damals dem Damenstift Möllenbeck unterstand, kam es vor 1267 zur Kirchengründung. Hier ist der ursprüngliche querrechteckige Westturm noch erhalten, während das romanische Schiff 1803 durch das jetzige Gebäude ersetzt wurde, das bei einem Umbau 1954 einen Chorraum und ein Tonnengewölbe erhielt. Die beiden Kirchtürme sind neben dem Gut Ullenhausen die ältesten Bauwerke in der Gemeinde Extertal. Die Silixer Kirche besitzt den ältesten Sakralgegenstand in unserem Gebiet: ein um 1500 angefertigtes Weihwasserbecken.
Die staatliche Selbständigkeit der Grafschaft Sternberg endete bereits 1377. In diesem Jahr verkaufte Graf Heinrich V aus unbekannter Ursache sein Land mit allen Hoheitsrechten an seinen Schwager, Graf Otto I von Schaumburg. Dieser geriet aber schon bald in große Geldnöte. So wurde 1400/05 das gesamte neuerworbene Territorium für 600 Mark Silber und 5840 rheinische Gulden an den Edelherrn Simon III zur Lippe verpfändet. Das Extertal blieb also Bestandteil der Grafschaft Schaumburg, wurde jedoch bis zur Rückzahlung der Summe von Lippe verwaltet. Allerdings versuchte 1424 Graf Adolf IX von Schaumburg das verlorene Gebiet mit Gewalt zurückzugewinnen. In einer erbitterten Fehde wurde zwar das Extertal verwüstet und in Bösingfeld Kirche und Burg zerstört, doch gelang es dem Edelherrn Simon IV zur Lippe durch entsprechende Gegenmaßnahmen, die Grafschaft Sternberg zu behaupten. Im 16. Jahrhundert versuchte das Haus Schaumburg mehrfach, durch Rückzahlung der Pfandsumme das Gebiet einzulösen. Lippe konnte aber die Rückgabe immer wieder aufschieben, bis das Schaumburger Grafenhaus 1640 erlosch. Nun behauptete aber der Fürst-Bischof von Paderborn, Sternberg sei ein Lehen des Fürst-Bistums und beanspruchte die staatlichen Rechte. Allerdings hatte Lippe selbst 1733 das Amt Sternberg mit sämtlichen Hoheitsrechten an den König Georg II von Großbritannien, der zugleich Kurfürst von Hannover war, für 450.000 Reichstaler verpfändet. Die Schuldenpolitik des Grafen Simon Henrich Adolf machte diese Maßnahme notwendig, weil sonst der Staatsbankrott erfolgt wäre. Bis zur Wiedereinlösung 1781 wurde das Extertal von einem auf der Burg Sternberg residierenden "Königlich-Großbritannischen Amtmann" regiert. Es folgte ein Rechtsstreit mit Paderborn, der 1788 mit dem Sieg Lippes endete. Erst von diesem Jahr an war das Extertal rechtmäßiger Teil Lippes. Von diesen Streitigkeiten waren Almena und Silixen nicht betroffen. Almena galt seit 1411 als Bestandteil (Exklave) der Herrschaft Varenholz, die zwar 1323 von Lippe angekauft, jedoch 1411-1563 an die Ritter von Kallendorp bzw. De Wend verpfändet worden war. Silixen hatte nie zur Grafschaft Sternberg gehört, sondern stets unter der Hoheit von Varenholz gestanden. Allerdings gab es keine klare Grenzziehung. Schaumburg beanspruchte das gesamte Silixer Gebiet nördlich des Silixer Baches. Zwischen 1563 und 1669 tobte ein erbitterter Grenzstreit. Erst als 1647 Hessen-Kassel die Grafschaft Schaumburg in Besitz genommen hatte, wurde nach langwierigen Verhandlungen 1669 die Silixer Frage gelöst. Das Dorf kam ganz zu Lippe und an das Amt Varenholz, der größte Teil der Feldmark an Schaumburg. Diese Regelung führte zu einem zweiten Streit um Silixen, da die Frage der Besteuerung nicht geklärt worden war. Er wurde 1779 beigelegt. Die Grenze von 1669 hatte bis 1971 Bestand. In diesem Jahr wurde das Dorf durch einen Staatsvertrag zwischen Nordrhein-Westfalen und Niedersachen wieder mit seiner Feldmark vereinigt.
Im 15. Jahrhundert waren die Landesherren bestrebt, ihre Territorien zu zentral verwalteten Staaten auszubauen. War die Burg Sternberg bis 1492 an wechselnde Adelsfamilien ausgegeben worden, so wurde sie nun Sitz eines landesherrlichen Amtes. Ein vom Grafen ernannter Amtmann nahm alle Hoheitsrechte (Verwaltung, Steuerangelegenheiten und Justiz) wahr. Sein Sitz, die Burg Sternberg, wurde zentrale Instanz für alle Untertanen. Das Amt umfaßte das Gebiet der heutigen Großgemeinden Extertal (ohne Silixen und Almena) und Dörentrup. Wegen der Zuständigkeit des Amtes für praktisch alle Lebensbereiche sind die noch erhaltenen Akten (besonders die Gogerichtsakten und die Eheprotokolle) eine unerschöpfliche Quelle für die Geschichte des Extertals, für Ahnen- und Hausstellenforschung. In den einzelnen Dörfern wurde die Staatsgewalt durch eingesessene Bauerrichter vertreten. Aus ihren seit ca. 1600 erhaltenen Anzeigen (Gogerichtsakten) erfahren wir alle Einzelheiten über das Verhalten der Untertanen. Jeder sexuelle Fehltritt z.B. mußte dem Amt gemeldet werden. Diese Angaben sind auch für die heutigen Bewohner von Interesse. Seit ca. 1600 nämlich ist eine erstaunliche Kontinuität der Familien festzustellen. Praktisch alle einheimischen Personen, die 1940 im Extertal lebten, sind Nachkommen der Bevölkerung um 1600. Aus den Sternberger Akten ist auch ist zu erkennen, daß es zwischen 1600 und 1800 einen stetigen Anstieg der Bevölkerungszahl und viele Neugründungen von Kleinhausstellen gab, die allmählich die Dörfer anfüllten. Grundlage war die Einbeziehung des Extertals in die Hausindustrie der Leinenproduktion, für die die meisten Einwohner durch Flachsanbau, Spinnen und Weben tätig waren. 1590 lebten auf dem Gebiet der heutigen Gemeinde 2347 Menschen auf 214 Hausstellen. 1807 zählte man 4238 Einwohner auf 537 Kolonaten.
Bereits am Ende des 18. Jahrhunderts überstieg die Zahl der in der Heimindustrie und im Handwerk Beschäftigten die der in der Landwirtschaft Tätigen. In Silixen betrug das Verhältnis 4:1. Deshalb war die Bevölkerung des Extertals besonders schwer von der Vernichtung der Hausweberei in der Mitte des 19. Jahrhunderts betroffen, fehlte es doch gänzlich an sonstigen Erwerbsmöglichkeiten. Weit über 1000 Bewohner unseres Tales sind damals in die USA ausgewandert, bei einer Bevölkerungszahl, die zwischen 1807 und 1880 von 4238 auf 6553 angestiegen war. Noch heute sind viele Bürger der USA sehr daran interessiert, Kenntnisse über ihre Vorfahren im Extertal zu gewinnen.
Die wichtigste Lösung für unsere Einwohner bot sich aber durch das Gewerbe der Wanderziegler an. Die rasante Bautätigkeit in den industriellen Ballungsräumen führte zu einem riesigen Bedarf an Ziegeln. Für etwa 100 Jahre, zwischen 1840 und 1940, zog so der größte Teil der Extertaler zur "Kampagne" in die Großstädte, wo sie in ihren "Kommunen" durch sehr schwere Arbeit und ein sehr sparsames Leben für damalige Verhältnisse erhebliche Geldsummen erwarben.
Viele konnten davon im Extertal ein Eigenheim erbauen. Die Zahl der Hausstellen stieg in dieser Zeit stärker an als je zuvor. Zwischen 1840 und 1933 wurden z. B. in Silixen 66 neue Kolonate errichtet. In der gesamten Vergangenheit waren nur 64 gegründet worden. Der wachsende Wohlstand zeigte sich auch darin, daß etwa ab 1900 die bisher völlig vorherrschende Fachwerkbauweise durch den Massivbau abgelöst wurde. Zwar finden wir noch viele Fachwerkhäuser aus der Zeit zwischen 1700 und 1900, doch dominieren in den Dörfern die Ziegelhäuser in den charakteristischen Bauformen der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ein markantes Beispiel ist das 1896 errichtete "Alte Pfarrhaus" in Bösingfeld (seit 1968 im Besitz der politischen Gemeinde und heutiges Rathaus II).
Die in der Zeit nach dem 1. Weltkrieg sich häufenden Katastrophen der Wirtschaft führten zum Untergang des Gewerbes der Wanderziegler. Zeitweise war der größte Teil der Bevölkerung arbeitslos. Besonders machte sich die schlechte Verkehrslage bemerkbar. Hier bot der Bau der Extertalbahn, die 1927 fertiggestellt wurde, einen Ausweg. So wurden die Dörfer unserer Heimat an die Strecken Löhne-Hameln und Bielefeld-Lemgo-Hameln angeschlossen. Bis zur Ablösung des Personenverkehrs durch Busse 1966 bildeten die weißroten Triebwagen ein Charakteristikum des Extertals.
Dies kam besonders dem Fremdenverkehr zugute. Erst seit der Jahrhundertwende war der Urlaub auf dem Lande für weite Bevölkerungsschichten möglich geworden. Älteste Fremdenpension im Extertal war das "Christliche Erholungsheim" Wieneke in Almena. Das 1912 im historischen Stil errichtete Gebäude ist auch heute noch ortsbildprägend
Die verbesserten Verkehrsbedingungen ermöglichten es den Bewohnern unseres Tals seit den fünfziger Jahren, in den umliegenden Städten und Industriegebieten Arbeit zu finden. Als das Auto dann seinen Siegeszug antrat, konnten die Pendler ihre Arbeitsplätze praktisch im gesamten Gebiet Ostwestfalen/Weserbergland erreichen. Dies führte in sehr vielen Fällen zu einem erheblichen sozialen Aufstieg. Darüber hinaus wurde aber in den fünfziger Jahren durch gezielte Wirtschaftsförderungsmaßnahmen (Ostwestfalenplan) das Extertal selbst zum Industriestandort (Bösingfeld/Asmissen und Silixen).
Der Straßenbau und die Errichtung moderner Versorgungsunternehmen verringerten seit den sechziger Jahren den bis dahin krassen Unterschied von Stadt und Land. Wichtigste Maßnahmen waren der Ausbau der Extertalstraße, der Hauptverkehrsader, 1968/69, und der Umgehungsstraße in Bösingfeld 1986/87.
Als nach 1945 zahlreiche Heimatvertriebene ins Extertal kamen, fanden sie völlig unzulängliche Wohnverhältnisse vor. Die staatlichen Wohnungsbauförderungsprogramme ermöglichten aber eine Bautätigkeit, die die Zahl der Hausstellen innerhalb von 30 Jahren auf das Zweieinhalbfache ansteigen ließ. Erst jetzt war es möglich, Ackerland in Siedlungsland umzuwandeln. Die Bauwilligen waren jedoch nicht nur Heimatvertriebene, sondern stammten auch aus den umliegenden Städten und dem Ruhrgebiet, angezogen von den niedrigen Grundstückspreisen. Seitdem bilden die alteingesessenen Bewohner nur noch eine Minderheit. So stieg die Bevölkerungszahl zwischen 1939 und 1962 von 7606 auf 10408.
1945 wurde das Extertal weithin bekannt, weil der Oberbefehlshaber der Britischen Besatzungszone das Gut Rickbruch zu seiner Residenz wählte. Bis 1946 bekleidete Feldmarschall Sir Bernard Law Montgomery, der bedeutendste britische Heerführer des zweiten Weltkrieges, dieses Amt.
Kommunale Selbstverwaltung besaß im Extertal ursprünglich nur der Flecken Bösingfeld. Seit seiner Gründung wurde er von Bürgermeister und Rat verwaltet. 1926/28 konnte ein repräsentatives neues Rathaus errichtet werden, das seit 1969 der Gemeinde Extertal dient. Die übrigen Orte erhielten zwischen 1848 und 1919 allmählich die kommunalen Rechte. Erst 1937 wurden die Ortsvorsteher "Bürgermeister". Eigene Verwaltungsgebäude gab es aber nicht. Als in den achtziger Jahren die örtlichen Gaststätten aufgegeben wurden, verloren die Vereine häufig ihre Vereinslokale. So wurden durch intensive Eigenleistung der Bürger sechs Dorfgemeinschaftshäuser geschaffen, vier in ehemaligen Schulen, zwei als Neubauten.
Die ersten Schulen entstanden kurz vor 1600 in den drei Kirchorten. Das Mittelalter kannte keine Volksschulen. Erst zwischen 1670 und 1713 folgten die Schulen in Laßbruch, Bremke, Linderhofe und Meierberg. Alle waren Fachwerkhäuser, die zwischen 1889 und 1909 durch die noch bestehenden Massivbauten ersetzt wurden. Hinzu kamen Neugründungen in Rott (1889), Linderbruch (1895) und Göstrup (1957), sowie die Pestalozzi-Schule 1962 (Sonderschule, Gebäude 1970).
Die Bildungsreform der sechziger Jahre führte zu einer starken Konzentration im Schulwesen. Trotz starker Proteste der Bevölkerung wurden 1967/75 sieben Dorfschulen geschlossen. Seither gibt es nur noch die Hauptschule Bösingfeld (Gebäude 1974/75) und die Grundschulen in Bösingfeld (ehemalige Volksschule 1909/63) und Silixen (Gebäude 1962/68).
Die Entwicklung der modernen Technik führte um die Jahrhundertwende allgemein zu gesteigerten Bildungsanforderungen im Berufsleben. Deswegen wurden überall Realschulen errichtet. Nach einer langen Vorgeschichte (1901-1940) konnte 1952 ein Aufbauzug an der Volksschule Bösingfeld begründet werden, aus dem 1966 die Realschule hervorging (Gebäude 1967/70).
Seit der Reformation in Lippe 1538 war nahezu die gesamte Bevölkerung evangelisch. Erst durch die Vertreibung 1945 kamen zahlreiche katholische Christen, vor allem aus Schlesien, ins Extertal. Für sie wurde 1952 die Heilig-Geist Kirche in Bösingfeld erbaut. Dort finden wir auch die Gotteshäuser von drei kleinen Religionsgemeinschaften, der Freien Evangelischen Gemeinde (begr. 1933), der Neuapostolischen Kirche und der Zeugen Jehovas (beide begr. 1949).
Gut Ullenhausen:
Das ehemalige Rittergut Ullenhausen das älteste und neben der Burg Sternberg das bedeutendste Baudenkmal der Gemeinde Extertal. Gegründet wurde es um 1240 als Kloster, das im ersten Jahrhundert seines Bestehens zu einer gewissen Blüte gelangt sein muss, denn im Jahre 1300 sprechen die Grafen von Pyrmont sehr achtungsvoll von den Benediktinerinnen aus Ullenhausen. Dieses Ansehen mögen die Nonnen von Ullenhausen auch im 14. Jahrhundert noch genossen haben, denn es flossen ihnen weiterhin Spenden für Seelengedächtnisse zu.
Seit Anfang des 15. Jahrhunderts ging es mit Ullenhausen rapide bergab: der verschuldete Konvent bestand 1407 nur noch aus 5 Mitgliedern. Im Jahre 1420 war die Lage hoffnungslos; die Gebäude des einsam gelegenen Klosters waren teilweise zerstört und die Einkünfte blieben aus. Die Eversteinsche Fehde (1407/1408) und die beginnende Agrarkrise dürften Ursache dieses Niedergangs gewesen sein.
Wohl in den folgenden Jahrzehnten, als Lippe und Schaumburg heftig um den Besitz der alten Grafschaft Sternberg stritten, gaben die Benediktinerinnen ihr gemeinsames Leben in Ullenhausen endgültig auf und übertrugen ihren Grundbesitz den Augustiner-Eremiten in Herford. Um 1500 gab es in Ullenhausen keine Kirche mehr.
1557 wurde Ullenhausen als Rittergut des lippischen Landesherrn Simon V der Familie Werpup aus Alverdissen bis Anfang 1700 als Lehnsgut übertragen. 1704 bis 1798 besaß die Familie des königlichgroßbrittischen Hauptmann von Alten das, die es 1798 an die Familie Cordemann verkaufte. 1937 erwarb Heinrich Braband das Gut. Heute bewirtschaftet und erhält dessen Enkel Cord-Hennig Braband das Gut und das ganz im Sinne der fast 800-jährigen Baugeschichte und im Wissen um die bauhistorische Bedeutung der Gebäude.